Kitas in finanzieller Not: Die Wohlfahrtsverbände in Neuss machen auf die akute Unterfinanzierung der Kitas aufmerksam

Zum Pressegespräch der AG der freien Wohlfahrtsverbände Neuss: „Kitas vor dem Kollaps? Bessere Kita-Finanzierung dringend erforderlich“, vom 03.08.2023, 11 Uhr, in der Kindertageseinrichtung „Arche Noah“.

Die Wohlfahrtsverbände und Kommunen in NRW warnen seit Monaten vor der aktuellen Finanznot vieler Kindertageseinrichtung und vor drohenden Kita-Schließungen. Denn die gestiegenen Löhne und Sachkosten machen vielen Kitas und Kita-Trägern zu schaffen: Von den staatlichen Zuschüssen sind sie nicht gedeckt.

Auch die Wohlfahrtsverbände in Neuss stehen unter Druck, da auch sie im nun ausklingenden Kita-Jahr 2022/23 in größerem Umfang Verluste verzeichnen, die sich aus den Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst, den Inflationsausgleichzahlungen und gesteigerten Sachkosten ergeben. In einem gemeinsamen Gespräch in der Kita „Arche Noah“ in der Neusser Furth tauschten sich die Geschäftsführungen der Verbände und der stadtweite Elternbeirat am heutigen Donnerstag über die finanziellen Herausforderungen aus.

Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände Neuss umfasst die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie Rhein-Kreis Neuss, den Paritätischen, den Sozialdienst katholischer Frauen sowie den Sozialdienst katholischer Männer. Die Arbeitsgemeinschaft blickt auf eine langjährige, verlässliche Kooperation untereinander und mit der Stadt Neuss zurück, sodass auch in diesen herausfordernden Zeiten Transparenz und gegenseitige Unterstützung selbstverständlich sind. So hat auch die Stadt Neuss den Sozialverbänden bereits zugesichert, angesichts der steigenden Kosten in Härtefällen zu unterstützen.

Vornehmlich sehen die Gesprächspartner allerdings die Landesregierung in der Pflicht, mittels einer Zwischenfinanzierung das akute finanzielle Delta auszugleichen. Briefe und Stellungnahmen durch die Spitzenverbände und Arbeitsgemeinschaften der Kita-Träger an Ministerpräsident Wüst und seine Landesregierung liefen bislang jedoch ins Leere. Längerfristig geplante Gesetzesnovellierungen helfen nicht über die akute Notlage hinweg. „Durch die Pandemie und den Fachkräftemangel ist der Kita-Bereich stark strapaziert und in vielen Einrichtungen ist die Betreuungssituation bereits äußerst angespannt“, erklärt Christiaan Klaus, Vertreter des JAEB Neuss. „Eine angemessene Bezahlung ist wichtig, um das pädagogische Personal in den Kitas zu halten. Es ist dringend geboten die Situation zu stabilisieren und die Kinder sowie ihre Eltern vor drohenden Gruppen- oder Einrichtungsschließungen zu bewahren, jedoch ohne dabei die Eltern zusätzlich finanziell zu belasten“, betont Janett Heller, Vorsitzende des JAEB Neuss.

„Die bisherige Förderung reicht bei Weitem nicht mehr aus und die Situation ist ernst“, konstatiert Jens Röskens, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft. Die von den Verbänden grundsätzlich begrüßten deutlichen Tarifsteigerungen des öffentlichen Dienstes wurden durch die Wohlfahrtsverbände in nahezu gleicher Weise übernommen.

Wesentliche Ursache der nicht auskömmlichen Refinanzierung liegt in der enormen Zeitverzögerung um anderthalb Jahre, mit der die staatlichen Zuschüsse angehoben werden. Die Kostensteigerung durch Sonderzahlungen und Tariferhöhungen beträgt aktuell etwa 11 Prozent. Die Zuschüsse – so genannte „Kindpauschalen“ – steigen jedoch erst zum August und nur um 3,46 Prozent. Erst im August 2024 erfolgt die nächste reguläre Anpassung. Eine enorme Herausforderung insbesondere für gemeinnützige Verbände und kleine Trägervereine. Zwar wurden mitunter Rücklagen gebildet, diese sind jedoch durch die Gesetzgebung größtenteils zweckgebunden und wurden für Investitionen, nicht aber für Personalausgaben gebildet.

Wie unter diesen Umständen der akuten Unterfinanzierung nicht nur Kita-Schließungen verhindert werden, sondern – im Gegenteil – der weitere Ausbau von Kitas und Betreuungsgruppen gewährleistet werden kann, ist fraglich. „Finanzielle Spielräume für beispielsweise vorausschauende Personaleinstellungen sind aktuell Fehlanzeige“, sagt Bernd Gellrich, Vorstand der Diakonie Rhein-Kreis Neuss, auch wenn sich alle der Anwesenden einig sind, dass die Verbände die Stadt Neuss weiterhin beim Kita-Ausbau unterstützen möchten.

Zur Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Neuss gehören die folgenden Neusser Wohlfahrtsverbände:

  • Arbeiterwohlfahrt Ortsverein Neuss (AWO Neuss)
  • Caritasverband Rhein-Kreis Neuss e. V.
  • Diakonie Rhein-Kreis Neuss e. V.
  • Der Paritätische Kreisgruppe Rhein-Kreis Neuss
  • DRK-Kreisverband Neuss e. V.
  • Sozialdienst katholischer Frauen e. V. Neuss (SkF)
  • Sozialdienst katholischer Männer Neuss e. V. (SKM)